Freitag, 15. März 2013

Kosmos Main nimmt Formen an

14.03.2013 16:22 Uhr, Schweinfurt

Kosmos Main nimmt Formen an

Hinter verschlossenen Türen: Aufbau der Landesausstellung „Main und Meer“ in der Kunsthalle liegt gut im Zeitplan
Die gelbe Eingangstüre ist verschlossen, die Fenster verdunkelt, das Foyer mit der Kasse verwaist, in der Garderobe herrscht gähnende Leere und nirgendwo in den Fluren und Kabinetten ist ein bekanntes Gesicht vom Kunsthallen-Team zu sehen. Dafür wuseln eine Menge Handwerker durch die Räume. Überall wird geschraubt, gemessen, gestrichen, montiert. Dazwischen liegen Berge von Material, vom blauen Einkaufswagen bis zur alten Butte, das noch eingebaut werden muss. Am 9. Mai öffnet die Landesausstellung „Main und Meer“ und im Moment lässt sich in vielen Räumen nur erahnen, wie es in den Monaten bis Oktober in der Kunsthalle aussehen wird.
Projektleiter Rainhard Riepertinger, der für einen Tag zu Besuch ist, und Bauleiter Matthias Held, der vor Ort alles koordiniert und stemmt, sind völlig gelassen. Das Team liegt gut im Zeitplan. Mitte Januar hat das Haus der Bayerischen Geschichte die Kunsthalle in Beschlag genommen. Deren Leiter Erich Schneider und die Mitarbeiter können nur noch staunend beobachten, wie sich ihr Haus jeden Tag ein Stück mehr verwandelt. Zur Eröffnung wird man die Räume kaum wiedererkennen, der Besucher soll in den Kosmos „Main“ eintauchen.
Einzig das Foyer bleibt weitgehend, wie es ist. Die Kunsthallen-Kasse wird Shopkasse, Eintrittskarten und Audioguide gibt es an einer eigens aufgestellten Theke. Hier startet der Rundgang nach links – eine Reminiszenz an die Vergangenheit des Gebäudes als Hallenbad, als der Besucher auch nach links musste, um durch Umkleiden und Duschen in die Schwimmhalle zu gelangen.

Blau wird plötzlich bunt

Im ersten kleinen Raum, wo normalerweise Rupprecht Geigers leuchtender Farbkreis auf weißem Untergrund hängt, ist außer schwarzen Wänden noch nichts zu sehen. Aber nebenan, im ersten Gang, da taucht er auf, der Fluss, um den sich alles dreht. 25 Meter lang ist die blaue Wellenwand, die sich hoch auftürmt. Gespannt wartet Friedrich Pürstinger, der die Ausstellung entworfen hat, auf die Reaktion der Reporterin. Denn der eigentliche Gag erschließt sich erst auf den zweiten Blick, wenn man sich umdreht. Plötzlich sind die blauen Wellen bunt wie ein Regenbogen oder wie das Leben an diesem Fluss. Schön.
Beim Entlangschreiten tauchen aus den Wellen Überraschungen auf, ein altes Foto vom Haßfurter Mainbad oder der riesige Kopf eines Wels. Zu dem präparierten Kopf weiß Riepertinger eine Geschichte: schon 79 nach Christus hat der römische Gelehrte Plinius geschrieben, dass es im Main so große Welse gebe, dass man sie mit Ochsen herausziehen müsse.
Wie sahen die Künstler den Fluss? Diese Frage wird in den zwei benachbarten Kabinetten beantwortet. Noch hängen nur Drucke, aber schon die zeigen, hier werden ein paar zauberhafte Flusslandschaften hängen, zum Beispiel eine Wertheim-Ansicht von Otto Modersohn. Die Ausstellung wird sich schließlich nicht auf den Main bei Schweinfurt beschränken. Der Fluss von der Quelle bis zur Mündung und seine Verbindung über die Kanäle zum Meer wird Thema sein.
Im Eckraum passen die Handwerker eine Terrassenlandschaft ein – es geht um den Weinanbau. Im zweiten Gang wird der Besucher quasi unter Wasser versetzt. Wie, wird noch nicht verraten. Nur so viel: Er wird in virtuelle Aquarien sehen können. Auf die Frage „nur virtuelle, keine echten?“, schüttelt Rainhard Riepertinger den Kopf und meint, das „nur“ habe er überhört. Schließlich könnten die virtuellen Fische über ihr Leben im Main erzählen. Nebenan können sogar eine Tasse Kaffee oder ein Pfund Rindfleisch – täuschend echt nachgemacht – sprechen. Sie erzählen, welch' unfassbare Menge Wasser verbraucht wird, um sie herzustellen. Allein 130 Liter für eine Tasse Kaffee.

Von der Postkarte zur Wand

Aber wir wollen nicht zu viel verraten, schauen lieber kurz ins Tiefparterre. Von der Schatzkammer mit kostbaren Funden aus dem Main ist noch nichts zu sehen, aber die Wand mit dem Bild vom Denkmal des Ludwigskanals steht schon. Hier ist eine Hörstation geplant, an der der Besucher erfährt, warum König Ludwig 1846 nicht zur Eröffnung des nach ihm benannten Kanals kam.
Nebenan wird demnächst ein großes begehbares Schiff aufgebaut – vor dem größten Fotodruck, der jemals in einer Bayerischen Landesausstellung zu sehen war. Riepertinger schreitet den Druck ab: zwölf Meter. Vorlage war eine Postkarte mit einem Jungen im Matrosenanzug und einem Schlachtschiff im Hintergrund. Thematisiert wird hier die Marinebegeisterung der Bayern um die Jahrhundertwende. Die Ausstellung wirft mehrere Schlaglichter auf die Beziehung der Bayern zum Meer: 1978 beispielsweise verschwand das 261 Meter lange Schiff mit Namen „München“ bei der Atlantiküberquerung spurlos in einer Monsterwelle.
Auch der Main kann zum Unheilsbringer werden. Eines der spektakulären Exponate wird ein halbes Auto sein, das quasi aus den Fluten gezogen wird. Ungewöhnlich ist auch der Tretradkran, den Schreiner-Azubis der Dr. Georg-Schäfer-Schule für die Große Halle gebaut haben – originalgetreu, ohne Schrauben und Leim, nur mit Hilfe von 400 Holzdübeln. Die Besucher dürfen rein in dieses riesige „Hamsterrad“ und ausprobieren, ob sie wirklich das 15-fache ihres Körpergewichtes nur durch Laufen heben können. Schon die Römer nutzten diese Technik.
Sprechende Fische, ein begehbares Schiff, Videoprojektionen, virtuelle Unterwasserwelten – es gehört zum Konzept der Landesausstellung, Informationen in sehr schmackhaften Häppchen so zu servieren, dass alle Sinne angesprochen werden. Wie viele Besucher erwartet werden? Da will sich Rainhard Riepertinger nicht genau festlegen. Aber „sechsstellig“ soll es schon werden.
Main und Meer: Landesausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte, 9. Mai bis 13. Oktober, täglich von 9 bis 18 Uhr, in der Kunsthalle. Mehr Infos: www.hdbg.de. Infos zum umfangreichen Begleitprogramm in der Stadt unter www.schweinfurt.de
Quelle: mainpost.de
Autor: Von unserem Redaktionsmitglied
Katharina Winterhalter
Artikel: http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Kosmos-Main-nimmt-Formen-an;art742,7356149
 

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